Mittwoch, 22. Januar 2025

"BiGi ist eine KI, die tut, was Du ihr beibringst – und nichts anderes."

Immer mehr administrativer Aufwand, den die Mitarbeitenden kaum mehr bewältigen – um dieser Herausforderung im Gesundheitswesen entgegenzuwirken, befassen wir uns bei BiG schon seit längerem mit der Prozessautomatisierung. So arbeiten wir eng mit dem Hersteller einer kognitiven künstlichen Intelligenz zusammen, die wir bei uns BiGi nennen: eine Software, die repetitive Arbeiten am PC fehlerlos erledigt. Geschäftsführer Bernd Austermann erklärt, was hinter BiGi steckt und zieht eine Zwischenbilanz nach ersten Kundenprojekten. Das Zukunftspotenzial? Vielversprechend. 

Seit einiger Zeit ist BiGi in aller Munde. Was hat es damit auf sich?

BiGi ist eine kognitive künstliche Intelligenz in Form einer Software, die wir nutzen, um damit Prozesse zu automatisieren oder Dokumente zu erfassen. BiGi nimmt uns Arbeit am PC ab, die manuell und repetitiv ist. Also Routinearbeiten, die für Menschen nicht so attraktiv und sehr fehleranfällig sind.

"BiGi macht keine Flüchtigkeitsfehler, arbeitet effizient und beklagt sich nicht."

Bernd Austermann, Geschäftsführer BiG

Du sprichst wie von einem Menschen von ihr, obwohl es sich um eine Software handelt – warum?

Weil sie die regelbasierte menschliche Interaktion am PC simuliert, sprechen wir tatsächlich manchmal von ihr wie von einem Menschen. Im Unterschied zu anderen Tools, die in Systeme integriert werden und entsprechend Schnittstellen erfordern, sitzt BiGi sozusagen vor dem PC, wie du und ich. Sie schaut auf den Bildschirm, wo sie ihre Informationen aufnimmt. Sie liest, scrollt, klickt, tippt… BiGi hat ein Sprachverständnis und kann aufgrund von Regeln, die man ihr beibringt, selbstständig Entscheidungen treffen.

Das klingt nach einer echten Konkurrenz für uns Menschen, insbesondere im administrativen Bereich – müssen wir uns nun Sorgen machen?

Nein, denn BiGi übernimmt in erster Linie Aufgaben, die für uns nicht attraktiv sind. Nehmen wir das Beispiel Buchhaltung: ich möchte Zahlen vergleichen, interpretieren, analysieren und dann meine Entscheidungen treffen. Davor muss ich viel Zeit aufwenden, um die relevanten Daten zusammenzusuchen. BiGi kann diesen Aufwand abnehmen, was mir wiederum ermöglicht, mehr Zeit für meine Kernaufgabe aufzuwenden. 
Im Gesundheitswesen ist es der Bereich Pflege, in dem ein hoher dokumentarischer Aufwand anfällt. Da sind wir dabei, Prozessschritte zu automatisieren, damit die Pflegenden wieder mehr Zeit für die Pflege und Betreuung der Bewohnenden aufbringen können. Zudem kannst Du mit BiGi Prozesse realisieren, die als manuelle Arbeit aus wirtschaftlicher Sicht kaum vertretbar wären, z.B. regelmässige Datenaktualisierungen in hoher Frequenz.

BiGi ist keine Konkurrenz für den Menschen, sondern eine Ergänzung und Entlastung – auch im Sinne des Fachkräftemangels.

Bernd Austermann, Geschäftsführer BiG

Wie kann man BiGi denn diese Regeln beibringen, damit sie selbstständig arbeiten kann? Und welche Aufgaben eignen sich besonders für sie?

Zum Wie: Es braucht keine Programmierkenntnisse. Man muss nur in Prozessschritten denken, die man mit einer Software grafisch abbildet. Dann setzt man Parameter für die einzelnen Schritte, mit denen man bei Bedarf Anpassungen vornehmen kann. 
Zum Was: Eigentlich eignen sich alle Aufgaben, die ich einem Menschen erklären kann, am PC zu tun – ohne, dass er ein spezifisches Fachwissen abrufen muss. BiGi kann also keinen Arzt ersetzen, aber aufgrund eines klaren Regelwerks kann sie sehr speditiv arbeiten. Sie kann beispielsweise selbstständig eine Steuererklärung erstellen.

Man muss aber regelmässig überprüfen, ob sie ihre Sache richtig macht?

Ja, hauptsächlich zu Beginn. Einen Prozess zu automatisieren, dauert nicht lange. Um ihn dann so stabil zu machen, dass er ohne Hick-ups läuft, braucht es am Anfang ein paar Kontrollen. Danach läuft er jedoch zuverlässig und fehlerfrei. 

"BiGi erstellt von jedem Arbeitsschritt einen Screen-Shot, damit ich komplett revisionssicher nachvollziehen kann, was sie gemacht hat."

Bernd Austermann, Geschäftsführer BiG

Unterstützt BiG beim Prozess der Automatisierung?

Genau, wir automatisieren die Prozesse für den Kunden. Es gibt drei Möglichkeiten, wie wir unterstützen.

  1. Bei kleineren Unternehmen bieten wir BiGi als Robotic as a Service an: Einmal pro Woche oder Monat kommt BiGi via Fernverbindung wie ein Heinzelmännchen vorbei, führt auf dem Kundensystem ihre Tätigkeit aus und verschwindet wieder. Das kann auch zu Randzeiten, z.B. nachts passieren.
  2. Bei anderen, grösseren Institutionen installieren wir BiGi vor Ort als Software beim Kunden und automatisieren die Prozesse, die dort laufen. 
  3. Die dritte Möglichkeit ist, dass Kunden über geeignete eigene Ressourcen verfügen. Das heisst, wir schulen ihre Mitarbeitenden, damit sie die Automatisierung mit BiGi selber vornehmen können. Wobei wir die ersten drei Prozesse jeweils selbst automatisieren. Damit liefern wir den Beweis, dass BiGi das richtige Werkzeug ist für den Kunden.

Prozesse verändern sich manchmal. Wie geht BiGi mit solchen Veränderungen um?

Da sprichst Du eine weitere Stärke von BiGi an. Bis zu einem gewissen Grad erkennt BiGi Veränderungen selbstständig und ich muss gar nichts unternehmen, damit sie damit klarkommt. Ansonsten reichen Anpassungen der Flowcharts und Parameter, die den Prozess beschreiben. Technische Eingriffe oder Programmierungen sind nie erforderlich. 

Wie steht es um den Datenschutz – sind sensible Daten in BiGis Händen sicher?

Die Datenschutzfrage stellt sich nicht durch BiGi, sondern durch die Software – zum Beispiel das Patientendaten-Administrationstool, welches du benutzt. BiGi ist nur ein zusätzlicher User dieser Software. Mit ihr verlassen keine Daten das Unternehmen. Selbst wenn ich Robotic as a Service einsetze, ist das nichts anderes, als wenn jemand vom Home Office auf das System seines Büros zugreift. 

"Mit BiGi verlassen keine Daten das Unternehmen."

Bernd Austermann, Geschäftsführer BiG

Welche Zwischenbilanz ziehst du nach ersten Einsätzen von BiGi bei Kunden?

Ich ziehe eine sehr positive Bilanz. BiGi stösst sehr schnell auf Interesse. Wir arbeiten mit dem Proof of Concept Prinzip: Nur wenn BiGi das Ergebnis erreicht, kauft der Kunde die Software bzw. den Service. Typische Projekte sind Kennzahl- oder Monatsreportings (Cockpit), nach denen man das Unternehmen steuern kann. Dann ist auch die Buchhaltung beliebt, zum Beispiel der Rechnungseingang. Für einen grossen Kunden, der mit vielen Debitoren arbeitet, haben wir das Mahnwesen automatisiert. 
Dann sind wir aktuell in der Pilotphase eines grossen Projekts in der Pflege, wo der Dokumentationsprozess automatisiert werden soll.

Zum Thema Kontrolle und Vertrauen ist anzufügen, dass wir nicht alle Prozesse vollständig automatisieren. Es gibt auch Prozesse, die man bewusst nur teilweile automatisiert. Zum Beispiel beim Mahnwesen, das ist ein sensibles Thema. BiGi schickt eine E-Mail mit den anstehenden Mahnungen zur Kontrolle an einen Mitarbeitenden. Dieser stellt sicher, dass nur die Mahnungen raus gehen, die effektiv verschickt werden müssen. Es gibt also keinen Kontrollverlust oder potenziellen Image-Schaden. 

"Die Prozessverantwortlichen definieren selbst, wo der Mensch sicherstellt, dass alles richtig läuft."

Bernd Austermann, Geschäftsführer BiG

Gibt es noch weitere Fragen oder Unsicherheiten, die bei Kunden oft auftauchen und ihr entkräften könnt?

Das Thema künstliche Intelligenz ist sehr präsent. Die meisten denken bei dem Thema an Chat GPT – das ist die generative KI, keine kognitive, zu der BiGi gehört. Die «GenAI» kann unheimlich viel, aber sie verursacht auch Ängste, denn es ist nicht immer nachvollziehbar, was sie tut. Sie ist lernfähig und kreativ. BiGi ist gar nicht kreativ. Sie tut genau das, was ich ihr sage, und arbeitet nach meinen Regeln. Wenn sie nicht weiterkommt, dann fragt sie. Sie fällt keine Entscheidungen, ohne genaue Grundlagen dazu zu haben. Es gibt also keinen Kontrollverlust mit BiGi. Sie ist eine KI, die tut, was man will – und nichts anderes.

Wo siehst du Potenzial für die Zukunft?

Zum einen sehe ich Potenzial in der Ausweitung der Einsatzbereiche: Wir haben einige Anfragen ausserhalb des Gesundheitswesens erhalten.

Dann sehe ich auch Potenzial, mit gewissen Standardsoftwares Standardprozesse schon vorzubereiten. Was sich positiv auf die Kosten auswirkt: wenn drei Kunden die gleiche Software verwenden, ist die Prozessautomatisierung ein einmaliger Aufwand, der leicht auf andere Unternehmen übertragbar ist. 

Drittens verspreche ich mir viel von der Kombination kognitiver KI mit generativer KI. Das heisst, BiGi setzt in einer Prozesskette z.B. Chat GPT ein. Habe ich beispielsweise eine lange Tabelle mit Firmen-Domains, kann BiGi dafür einen Prompt machen, schickt diesen an die GenAI und sagt: bitte suche mir für diese Firmen sämtliche Informationen zusammen: Name, Adresse, Geschäftsführer, Kontakt, usw. und sammle sie in einer Excel Tabelle. 

"Man kann mit BiGi sehr einfach generative KI in Prozesse einbinden."

Bernd Austermann, Geschäftsführer BiG

Ihr seid nicht die einzigen, die mit KI experimentieren. Die Entwicklungen sind bekanntlich enorm schnell und vielfältig. Wie geht ihr damit um?

Ja, es ist eine Menge los am Markt, was auch sehr spannend ist. Im Moment gibt es bezüglich der Funktionalität aber nichts Vergleichbares.