Montag, 16. Oktober 2023

«Das Know-how hat sich enorm schnell in Form einer verbesserten Pflegequalität widerspiegelt.»

Vor wenigen Monaten startete das Alterszentrum im Grüt in Mellingen mit einer ersten Standortbestimmung zum Thema Pflegeeinstufung. Die Teamleiterinnen und die Pflegeleitung zeigen auf, wie sich das Know-how im Alltag manifestiert und wie sie von der zweiten Standortbestimmung profitiert haben. Gemeinsam mit Annemarie Kaspar, Fachexpertin Pflege bei BiG, blicken sie zurück und nach vorn – auf Erfolgserlebnisse, lehrreiche Erfahrungen und die Erwartungen rund um die geplante Schulung des Personals. 

Die Teamleiterinnen im Gespräch mit Annemarie Kaspar (2. v. rechts)

Die Teamleiterinnen im Gespräch mit Annemarie Kaspar (2. v. rechts)

Konnten Sie die Inputs aus der ersten Standortbestimmung in den Alltag integrieren?

S. Seifritz: Wir sind viel sicherer geworden, zum Beispiel wenn es darum geht, die Leistungen rund um das Thema Beistand konsequent und korrekt zu erfassen und in der Pflege entsprechend einzuplanen. Manchmal gibt es noch Schwierigkeiten, den Schweregrad der Mitwirkung bei den Pflegeleistungen korrekt anzugeben, ob leicht, mittel oder stark. Man muss sich stets fragen, wie lange und wie intensiv die Anwesenheit erforderlich ist und mit welchen Leistungen man wie stark unterstützt. Aber auch da bin ich zunehmend sicherer oder frage bei Bedarf andere Teamleiterinnen um Rat. 

Herr Teitge, wie haben Sie als Leiter Pflege die zweite Standortbestimmung erlebt? 

T. Teitge: Die Teamleiterinnen waren im Vorfeld etwas nervös, ob sie die Inputs aus der ersten Standortbestimmung alle richtig verstanden hatten. Nach der zweiten Standortbestimmung waren sie sehr glücklich, weil bestätigt wurde, dass sie sehr viel gelernt und richtig umgesetzt hatten im Alltag. Das Gerüst wurde innert kürzester Zeit verstanden, nun können wir bereits in die Tiefe gehen. 

«Das Know-how aus der ersten Standortbestimmung hat sich enorm schnell in Form einer verbesserten Pflegequalität widerspiegelt.»

Thomas Teitge, Leiter Pflege

Wie sind Sie vorgegangen bei der zweiten Standortbestimmung, Frau Kaspar?

A. Kaspar: In Form eines Interviews habe ich abgeholt, wo die Teamleiterinnen stehen und was sie seither erlebt haben. Besonders aktuell war ein Krankenkassen-Audit, das kurz vorher stattgefunden hatte. Die Erfahrungen damit waren nicht sehr positiv, da die Krankenkasse die gut vorbereiteten Dokumentationen nur punktuell und im Hinblick auf Kürzungen beurteilte. Auf diese Erfahrungen, und was man daraus lernen kann, bin ich zunächst eingegangen. Die Prüfung und Besprechung einiger Dokumentationen haben dann bestätigt, dass sich die Qualität auf einem hohen Niveau bewegt und sie das Gelernte gut umgesetzt haben. Wir konnten offene Fragen klären und in die Tiefe gehen.

«Insgesamt haben die Teamleiterinnen einen riesigen Sprung gemacht.»

Annemarie Kaspar, Fachexpertin Pflege, BiG

S. Seifritz: Für mich war es das erste Audit, bei dem ich selbst argumentieren musste. Ich war zunächst perplex über das Vorgehen und die Art der Fragen, die nur darauf abzielten, eine Einstufung nach unten zu korrigieren. 

«Ein Learning aus dem Krankenkassen-Audit hatten wir erst dank der Besprechung mit Frau Kaspar – mit ihr konnten wir unsere Erfahrungen reflektieren und die Punkte nochmals genauer besprechen.»

Madeleine Schütz, Teamleiterin 2. Wohnbereich

Sarah Seifritz, Teamleiterin 3. Wohnbereich

Sarah Seifritz, Teamleiterin 3. Wohnbereich

Madeleine Schütz, Teamleiterin 2. Wohnbereich

Madeleine Schütz, Teamleiterin 2. Wohnbereich

Sind Sie nun besser gewappnet für Krankenkassen-Audits?

S. Seifritz: Ja, ich fühle mich sicherer und weiss nun, dass ich argumentieren kann und muss.

«Ich werde mich künftig weniger verunsichern lassen, weil ich die Fakten in meinen Dokumentationen und Planungen kenne und mich darauf abstützen kann.»

Sarah Seifritz, Teamleiterin 3. Wohnbereich

Sie haben die Verbesserung der Pflegequalität erwähnt. Welche Rolle spielt dabei die korrekte Dokumentation?

T. Teitge: Wenn nichts schriftlich festgehalten ist, pflegt man einfach – das beinhaltet automatisch gewisse Risiken. Sind aber Diagnostik und Pflegeplanung aufgrund klarer und korrekter Beschreibungen miteinander verbunden, wird auch die Pflegequalität erhöht. Der Anspruch, die Dokumentation vorab zu lesen und deren Angaben laufend anzupassen, tragen die Teamleiterinnen ins Team, und wird über alle Berufsgruppen bis zum Lernenden verinnerlicht. 

«Es gibt klare Indizien für die verbesserte Qualität, so hat sich zum Beispiel die Anzahl Harnwegsinfekte und Stürze deutlich verringert.»

Thomas Teitge, Leiter Pflege

Haben diese Entwicklungen auch Einfluss auf die Personalplanung? 

T. Teitge: Auf die Stellenprozente hat das noch keinen so grossen Einfluss. Aber gleichwohl hat sich die Qualität für die Bewohnenden deutlich verbessert, und das ist unser Anspruch. 

Das Sichtbarmachen und Deklarieren von Pflegedienstleistungen ist auch sehr wichtig für den Dialog mit den Angehörigen, zum Beispiel wenn es um steigende Betreuungskosten geht. Auch ihnen gegenüber kann man die Leistungen anhand der Dokumentationen nachvollziehbar aufzeigen.

Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Frau Kaspar erlebt bei der zweiten Standortbestimmung?

T. Teitge: Frau Kaspar konnte den Teamleiterinnen das nötige Selbstbewusstsein vermitteln, sich nicht vom Auditor einschüchtern zu lassen, sondern die vorgenommene Einstufung mit Fakten zu begründen - mit dem Effekt, dass die höhere Einstufung durchgekommen ist. 

«Dieses Erfolgserlebnis ist das beste Beispiel dafür, was uns die Zusammenarbeit mit Frau Kaspar bringt.»

Thomas Teitge, Leiter Pflege

T. Teitge: Übrigens, unsere Einstufungen werden auch kaum mehr beanstandet von Seiten der Krankenkassen ­– ein weiterer positiver Effekt dieser Entwicklung.  

Was gelingt mehr oder weniger gut in der Zusammenarbeit mit dem Fach- und Assistenzpersonal?

I. Meier: Man muss die Mitarbeitenden regemässig daran erinnern, die Einträge korrekt vorzunehmen.  

Annemarie Kaspar, Fachexpertin Pflege, BiG

Annemarie Kaspar, Fachexpertin Pflege, BiG

Ilona Meier, Teamleiterin 1. Wohnbereich

Ilona Meier, Teamleiterin 1. Wohnbereich

«Wir sind der Motor fürs richtige Codieren und müssen ständig dranbleiben.»

Ilona Meier, Teamleiterin 1. Wohnbereich

Als nächstes sind Schulungen für das Personal geplant. In welcher Form? 

A. Kaspar: Das Ziel der Schulung ist, dass alle Mitarbeitenden lernen, die Dokumentation zu führen und zu leben. Die Pflegedokumentation ist das Arbeitsinstrument für die Pflegenden. Wir werden die Schulungen zielgruppengerecht durchführen, das heisst es gibt eine fürs Fachpersonal und eine fürs Assistenzpersonal. Anhand praktischer Beispiele aus dem Alltag im Alterszentrum im Grüt wird jede:r lernen, wie man beobachtet und beschreibt. 

«Diese Schulung ist für uns sehr wichtig, damit wir als ganzes Team damit arbeiten können.»

Madeleine Schütz, Teamleiterin 2. Wohnbereich